war eine Seitenleitung zur Versorgung eines Nymphäum und der höchsten Bereiche der Stadt.
Über eine rund 4km lange Seitenleitung wurde das antike Adraha, mit seinem höchsten Teil el Kerak und das an dessen Hangseite liegende Nymphäum mit Wasser aus dem Qanat Fir'aun versorgt.
Die Analyse erfolgte hierbei, wie bei der ursprünglichen römischen Planung, in umgekehrter Reihenfolge, um notwendige Geländehöhen und Querschnitte entsprechend der "angeforderten" Wassermengen am Nymphäum ermitteln zu können.
Das "Hammam Ziknany" genannte römische Nymphäum erinnert heute in Form und Bauart, an die im Hauran vielmals anzutreffenden "Kalybe" (Bosra, Qanawat, Shaba, Bosra) Heiligtümer. Eventuell existierten auch zwei Bauwerke wie in Bosra gegenüber liegend nebeneinander. Heute sind nur noch 3 Wände in Teilen vorhanden, welche noch ungefähr die Hälfte der Frontfassade abbilden, allein hier waren mind. noch 4 Ableitungen im Basaltmauerwerk von der Decke kommend ausgespart worden.
Detaillierte Maße sind bis auf die gemessenen ca. Höhen in m asl (above Sea Level) nicht bekannt. Die Höhe des Daches des Nymphäums, auf dem sich direkt, oder auf gleicher Höhe unmittelbar daneben, auch das Kopfbecken / Auslaufbecken der Druckleitung befand, lag bei ca. 523 m asl. Die Höhe des Bodens an diesem Nymphäum / gleichzeitig auch die Deckenhöhe des "Mausoleum" genannten Verteilers und die Höhe des Beckenrandes des großen Siknanybeckens (~82x119m) liegt bei gemeinsamen ca. 517m asl.
Bei angenommenen mind. 8 Rohren mit Di= 6cm ( vergleichbar Gadara und weitere Nymphäen) und einer am unteren Ende der vertikalen Leitung angebrachten Wasserspeierkonstruktion mit Di =2,0- 2,5cm ( damit es zu keinem Rückstau, aber auch nicht zu einer Ausfließgeschwindigkeit in das Becken von > 3,5m/s kommt) , ergäbe sich grob eine Menge von ~2,5- 3l/s je Rohr, beim einzuschätzenden Vordruck von 0,6bar.
Eine ankommende Wassermenge von ca. Q ~20- 24 l/s (min 72 m³/h) war also notwendig.
Eine große Bevorratung des Wassers auf dem Dach/Kopfbecken wird aus statischen Gründen eher nicht stattgefunden haben. Das Becken wurde sicher über eine größere Dachfläche verteilt. Die Oberkante Wasser am Auslaufbecken lag also auch nicht höher als 524m asl .
Leider gibt weder J.G. Wetzstein noch G. Schumacher ein genaue Beschreibung, oder gar die Örtlichkeit des "Pharaoturmes" an. Wetzstein scheint Ihn selbst nur beschrieben bekommen zu haben und G.Schumacher, der Bezug auf Wetzsteins Reisebeschreibung nahm, konnte 50 Jahre später nur vermuten um welche Ruinen, auf der Nordseite des Wadis, es sich handelte. Auch die Aussage J.G. Wetzsteins, dass das Wasser auf Bögen bis zum Pharaoturm transportiert worden sei, ist sehr wahrscheinlich nur aus der ihm zugetragenen Namensnennung dieser Leitung heraus entstanden. Der allgemein zu dieser Zeit gebräuchliche Name lautete einfach Kanatir Far'un also die Bögen des Pharao. So im übrigen auch die Interpretation von W.M. Thomson in seiner Reisebeschreibung von 1886. Hierin bestätigt er auch, dass die (Neben)Leitung aus Richtung Nordost ankam, wo jedoch der Pharaosturm stand, oder überhaupt eine Erwähnung dessen, finden wir bei W. M. Thomson nicht.
Alte Luftaufnahmen, eine seltene Stadtkarte Dera'as, welche ich erstehen konnte, zusammen mit den von G.Schumacher erstellten Karten, helfen uns, wiederum ergänzt durch die digitale Höhenauswertung weiter. Nur ein Gebäude bzw. eine Ruine richtet sich im neu angelegten Bahnhofsrevier von Dera'a nicht am Raster aus und entspricht den notwendigen Geländehöhen. Zudem zeigt genau dieses Gebäude Verbindungen zu den nachgewiesenen ankommenden und abgehenden Leitungsbereichen, durch Bodendepressionen und Veränderungen. Zusätzlich zeigt auch G.Schumachers Karte (ein Dank gebührt hier dem DPV) , dass die Leitung exakt hier entlang zur Brücke verlief.
Die Druckleitung durch das Wadi ez Zedi, vom sogenannten Pharaosturm über den Abhang am Wadi hinunter zur Brücke und dann wieder hinauf, bis zum Auslaufbecken auf dem Dach des Nymphäums, ist in 3D Länge 1150 m lang.
Da durch die Leitungskrümmungen zusätzlich und durch das Rohr im allgemeinen ein Druckverlust entsteht, ist überschläglich eine Höhendifferenz zwischen Einlauf und Auslaufbecken von mindestens 3,5m notwendig, hierbei liegt das Q eines Rohres jedoch bei rund 10 l /s . Die Fließgeschwindigkeit reduzierte sich hierbei auf ~ 0,4 m/s oder geringer. Es sollten also 2 Leitungen vorhanden gewesen sein. 2010 beging ich den nördlichen Hang von El Kerak und an einem aufgebrochenen vertikalen Einschnitt konnte ich zumindest eine der Druckleitungen auffinden und dokumentieren. Ob hier daneben eine weitere Druckleitung verborgen liegt, ist jedoch nicht bekannt. Die Linie dieser Druckleitung entsprach exakt der Verlängerung der östlichen Brüstung der Wadi ez Zedi Brücke im Tal.
Bis hierher lässt sich das System also sehr plausibel nachvollziehen, im folgenden wird der andere Teil von der Ableitung bis zum Pharaosturm untersucht.
Die nachgewiesene Hauptleitung des Qanat Fir'aun quert an einem Punkt die alte Römerstraße Deraa - Bosra, von diesem Punkt ab, gab es eine ebenfalls exakt gerade Linie von einer Geländehöhe 536m bis zum Castellum 1, dem Pharaosturm J. G. Wetzsteins. Hier liegt die Geländehöhe bei ca. 520m. Die 3D Länge dieser Strecke beträgt 2935m. (Anmerkung : eine Verkürzung der Strecke und Aufteilung in Freispiegel und Druckstrecke ist durch die Topographie unwahrscheinlich).
Gemäß dem vorhergehenden Absatz befand sich das Einlaufbecken auf dem "Pharaosturm" auf mind. 527,5m asl (524m+3,5m). Bei der Länge von 2935m und denen als gleich vorausgesetzten Rohrdimensionen, ergibt sich überschläglich bei nahezu gleicher Fließgeschwindigkeit ein notweniger Höhenunterschied von 8,5m um die Q= 10l /s je Rohr zu schaffen.
Das hydr. System sähe hierbei wie folgt aus:
536m asl>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> 528m asl/ 527,5m asl >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>524m asl
die Längen : 2935m>>Pharaosturm>> 1150m>>Hammam Siknany
(v ~ durchgängig 0,4m/s II Q ~ 10 l/s (bei einem Rohr von Di=180mm und k=5-7)
Im Ergebnis dieser überschläglichen Ermittlung, wäre eine Versorgung des Nymphäums in der angenommenen Form, mittels 2 identischer komplett bodennah verlaufender Druckrohrleitungen und eines einzigen Druckturmes auf Geländehöhe 520m asl und mit einer Höhe von nicht mehr als 8,50m über Gelände machbar gewesen.
Nach Erwerb und Auswertung spezieller Fliegerbilder des Australian War Memorial , sowie des Stadtplanes von Dera'a (des Deutschen Generalstabs von 1941) hat der "Pharaosturm" gemäß meiner Rekonstruktion ungefähr so ausgesehen.
Interessant ist, dass es ähnliche Konstruktionen aus dem gleichen Zeitraum auch anderswo gab, eines der Aquädukte welches das heutige Lyon versorgte hatte bei Craponne ein solches mit dem Pharaosturm vergleichbares Bauwerk.
Hier zum Vergleich ein Bild von 1918 von einem Siphonturm bei Akko.
Eine wie von M.Döring aufwändig dargestellte und dargelegte Nebenleitung über 2,8 km bis zu einem quasi solitär am Hang stehenden 25m hohen Turm, ist weder archäologisch nachweisbar, noch wurde sie in irgendeiner Beschreibung, oder bildhaften Darstellung erwähnt.
Allein die notwendigen Volumina der Bogenreihen, hätten die der großen Brücke der Hauptleitung, Jisr el Mesari, um ein vielfaches übertroffen und sind an keiner Stelle nachweisbar.
Das folgende Bild des AWM zeigt den gesamten Bereich von Deraa 1918 und belegt so, dass solch ungeheure Ruinenstrukturen nicht existent waren. ( blauer Pfeil= Brücke ,oranger Pfeil= Blickrichtung des Bildes B01300
Das die von Wetzstein beschriebene und von G.Schumacher dargestellte Rohrleitung, die reale Druckleitung auf den Hügel von El Kerak bzw. zum Nymphäum war, ist angesichts der Lage, hoch oben auf der Brüstung, technisch nicht nachvollziehbar.
Zu vermuten ist, dass durch den Neubau der Zedi-Brücke ( so auch festgestellt von G.Schumacher) entweder die Rohrelemente wiederverwendet wurden, oder es eine weitere Leitung über das Wadi und die Brücke gab. (Siehe unten)
Hierzu erscheint es auch wichtig auf die Wortwahl in J.G.Wetzsteins Beschreibung zu achten, er spricht auf Seite 124 mehrfach von Röhren in der Mehrzahl und vom Verlauf innerhalb der 1,5m breiten Brustwehr der Brücke. Unerklärlich bleibt jedoch, ein erneutes mal (wie bei der "Underground City") die Größenabschätzung in Konsul Wetzsteins Beschreibungen, denn die heute und sicherlich auch damalige Brücke misst selbst an den äußersten Brüstungsenden gerade einmal 82m, die 300 Schritte ( ein Schritt sind im Regelfall 2,5 fuss, also 75 bis max .82 cm), entsprechend rund 230 m sind auch topographisch nicht nachvollziehbar.
Weitere Infos zur Zedi Brücke in Dera'a erhalten sie hier unter der Rubrik Brücken.
Aus den Karten des DPV und einzelnen Belegen finden sich jedoch auch aus Nordnordwest ankommende Aquäduktreste, welche ebenfalls in die Betrachtung mit einbezogen werden müssen.
Nach Analyse kann von einem 3. Leitungssystem, vermutlich zu späterer Zeit errichtet, ausgegangen werden. Dieses führte entweder eine Teilmenge des Aquäduktes, über einen gänzlich anderen Weg, oder das Wasser eines weiteren Wasserspeichers an Dera'a heran. Ein aus den Luftbildern zu erkennendes Umlenkbecken, ähnlich dem bekannten Umlenkbecken von Metz in Frankreich, führte im Verlauf ebenfalls zur Wadi ez Zedi Brücke im Tal.
Die auf der Oberkante der Brüstung verlaufende, nicht separat ummantelte Tonrohrleitung aus G.Schumachers Beschreibung, erfüllt für dieses 3. Leitungssystem alle statischen und höhenmäßigen Voraussetzungen.
So konnte höhenmäßig allerdings auch nur das unmittelbar hinter der Brücke liegende Basin, oder auch "Birket", mit Wasser versorgt werden.
Das Wasser der Druckleitung zum "Hammam Siknany", floss wie schon beschrieben in das große Becken vor dem Nymphäum, den weiteren Verlauf des Qanat finden Sie deshalb hier.