Bis November 2009 war nur eine Aquäduktbrücke bekannt.
In den Sommermonaten 2009 wurde durch das Dept. of Antiquities zur Absicherung des neuen Touristengebäudes eine Grabung durchgeführt. Hierbei wurden unmittelbar unter den osmanischen Hausfundamenten, Begräbnisstätten aus hellenistischer Zeit freigelegt. Während eines Besuchs stellte ich an den beiden Rändern des Grabungssquares Steinformationen fest,welche eindeutig die Pfeilerfundamente, bis zum Kämpfer, einer bisher unbekannten Brücke waren . Breite und Lage der Pfeiler konnten sich klar mit weiter entfernt liegenden Bauteilen , so den Schützsteinen und weiteren Fundament- und Pfeiler-resten in Zusammenhang bringen lassen.
Eindeutig handelt es sich um ein solitär errichtetes Bauwerk, welches zeitlich vor der bisher bekannten und von S. Kerner dokumentierten Brücke liegt, da die Trasse des neu aufgefundenen Bauwerks näher am Stadthügel (südlicherer Verlauf) verläuft.
Die beiden Brücken weisen in diesem Bereich einen seitlichen Abstand von 63 cm zueinander auf. Die deutliche Trennung ist auch im Bereich des noch in Situ liegenden Schützsteins ersichtlich, hier beträgt der Abstand nur noch rund 50cm zueinander. Weitere Unterschiede zwischen beiden Brücken sind die lichten Weiten, Pfeilerhöhen, sowie gröbere Steinbearbeitung bei der nördlichen Brücke. Die südliche Brücke bestand aus exakt gehauenen Kalksteinquadern. Bei einer Gewölbedicke von 45cm betrug die lichte Weite der Bögen im Mittel 3,68m. Die Pfeiler springen oberhalb eines aus Basaltquadern bestehenden Sockels um allseitig 5 cm ein , sind 1,60m breit und in Längsachse 1,50m tief. Diese neue Aquäduktbrücke ist in der Linienführung identisch mit dem bereits bei S. Kerner beschriebenem Schützstein. Die lange diskutierte Lageproblematik neben dem damalig dokumentierten Aquädukt klärt sich so auf. Aufgrund des Alters, den Abmessungen und der Linienführung beider Aquäduktbrücken kann vermutet werden, dass diese auch verschiedene Wasser nach Gadara führten. Man beachte G. Schumacher, Northern Ajlun (1890) "Aquädukt entlang der römischen Straße" und die 2 getrennt dargestellte Linien auf der Gadara Karte.
Während der südliche Aquädukt das Quellwasser beider Qanatsysteme führen konnte und dann am westlichen Widerlager bei dem in Situ liegenden Schützstein endete, erscheint für die bekannte nördliche Aquäduktbrücke, zum Beispiel das Wasser der Schumacher'schen Rinnensysteme als sehr plausibel. Zumal der von S.Kerner freigelegte Querschnitt exakt mit den von G.Schumacher angegebenen Maßen überein stimmt. Die in verschiedener Literatur erwähnte und zeichnerisch dargestellte Breite der Kernerschen Aquäduktbrücke von 3,20m, beruht entweder auf einem Zahlendreher, oder einem Missverständnis, denn wie die von S.Kerner selbst erstellten Fotos unmissverständlich zeigen und die messtechnische Auswertung bestätigt, ist die reale Breite dieser Brücke und somit auch des geführten Wasserkanals ziemlich genau 2,38m. Hierbei stimmen nicht nur die Verhältnisse von Höhe und Breite der seitlichen Wangen exakt mit den Angaben von G. Schumacher für die Rinnen entlang der Straße überein, sondern auch die Breite der Fließrinne ist abgesehen von der halbrunden Ausmauerung identisch.
Die Länge der südlichen Aquäduktbrücke betrug ca. 148m, das der nördlichen Brücke ca.170 m.
Die Höhe am Eingang zum Stadtsystem (Position Schützstein) lag bei 352,18 + 0,50m asl ( positive Schwelle durch Opus Cementicium) für die südlichere ältere Brücke und ca. 352,00m asl für die freigelegte Sohle des nördlicheren Kernerschen Aquäduktes.
Die Breite der Fließrinne am Schützstein entspricht für die südliche Brücke nicht nur den Abmessungen der von G. Schumacher an der Jisr el Mesari dokumentierten, sondern eine Berechnung der über das Bauwerk geführten möglichen Wassermengen durch mich, wurde von P.Keilholz mittels des Berechnungsprogrammes Mike 11 bestätigt und ergab so ,dass diese Brücke das reale Ende der Fernwasserleitung Qanat Fir'aun war.
Fazit: Die neu aufgefundene Brücke kann viele der zuvor noch offenen Probleme erklären, so die exakte Führung des Qanat Fir'aun am Eingang der Dekapolisstadt Gadara, oder aber den seitlichen Versatz des Schützsteins gegenüber der bisher bekannten Brücke.
Die südliche hier neu dokumentierte Aquäduktbrücke konnte durch Umbauten, auch nach der Erhöhung der Wassermenge, bei Inbetriebnahme des Qanat Fir´aun, genutzt werden.
Besonders bemerkenswert ist zusätzlich, dass noch 2 komplett, oder in Teilen erhaltene Brückenbögen im Schutt des Hanges versteckt liegen. Diese Aquäduktbögen könnten, zusammen mit den hier bereits Beschriebenen, den anschaulichsten, einzig oberirdisch verbliebenen Verweis auf die gesamte Ingenieurtechnische Leistung des Qanat Firaun geben und wären so ein neuer Anziehungspunkt im archäologischen Ensemble der Dekapolisstadt Gadara.
Über die Wasserverteilung in Gadara verweise ich an dieser Stelle auf die Veröffentlichungen von S.Kerner, O.Böser und vor allem P.Keilholz.
Einen kleinen Überblick erhalten Sie hier.